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Ungewöhnlicher Besuch zu ungewöhnlichen Zeiten

„Hier, pusten Sie mal!“ Auffordernd hält die 14-jährige Lioba ihrem Gegenüber das eben fertiggestellte Modell einer „Green Energy“-Station hin. „Oh, das sieht gut aus. Pusten kann ich leider nicht, ich habe ja die Maske auf“, erwidert der hochgewachsene Mann augenscheinlich grinsend, selbst wenn man das aufgrund der FFP2-Maske nur erahnen kann. Was wie eine ganz normale Schüler-Lehrer-Interaktion aussieht, ist alles andere als normal. Schließlich ist der 5. August eigentlich ein Ferien- und kein normaler Schultag. Und der Mann ist auch kein normaler Lehrer – Nein, es ist Staatsminister Prof. Dr. Michael Piazolo persönlich, der der St.-Emmeram-Realschule Aschheim zusammen mit dem Ministerialbeauftragten für die Realschulen in Oberbayern-Ost, Herrn Wilhelm Kürzeder, und einer ganzen Schar an Journalisten einen Besuch abstattet, um sich vor Ort ein Bild von der Umsetzung der neu ins Leben gerufenen „Sommerschule“ zu machen.

Die „Sommerschule 21“ stellt einen Baustein des Förderprogramms „gemeinsam.Brücken.bauen“ dar, welches der Freistaat zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile mit Laufzeit bis Juli 2023 aufgelegt hat und laut Piazolo auf drei Schwerpunkten basiere: Lernrückstände auszugleichen, wobei „das Wort ‚Lernrückstände‘ eigentlich nicht ganz passend ist“, wie der Kultusminister in einem anschließenden Gespräch einräumt, da man ja so immer von einem „defizitären Ansatz“ ausgehe. Darüber hinaus sollen mit dem Förderprogramm psychosoziale Versäumnisse aufgearbeitet werden. Ein dritter Aspekt stelle der freizeitpädagogische Anteil dar. In der konkreten Ausgestaltung dieses Förderprogramms seien die Schulen frei.

An der St.-Emmeram-Realschule Aschheim können Schülerinnen und Schüler neben Workshops und Förderunterricht in den Kernfächern (Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch und BWR) aus einem breit gefächerten Angebot weiterer Kurse wählen. „Dank des großen Engagements unserer Konrektorin ist es uns gelungen, ein äußerst abwechslungsreiches, auf unsere Schule abgestimmtes Programm auf die Beine zu stellen“, freut sich Schulleiterin Gabriele Frohberg-Hintzen. So werden in der ersten bzw. letzten Woche der Sommerferien Kurse zur Tontechnik, Erster Hilfe, Berufsberatung oder Kalligraphie angeboten. Zudem werden ein Literaturcafé sowie ein Schnupperkurs Chinesisch neu ins Leben gerufen. Im sportlichen Bereich können sich Schülerinnen und Schüler beim Hockey, Mountainbiken, Tischtennis, Badminton, Fußball oder Golfen – dank einer Kooperation mit dem Golfpark Aschheim – austoben. Insbesondere dem Umweltaspekt wird mit dem „Green Energy“-Projekt, welches im Rahmen des Erasmus-Programms mit Italien und Griechenland durchgeführt wird, eine besondere Bedeutung beigemessen. Konrektorin Claudia Althammer, Hauptorganisatorin der Sommerschule an der RS Aschheim, ist sichtlich stolz auf ihr Förderprogramm: „Besonders erwähnenswert ist, dass wir neben zahlreichen engagierten Lehrkräften auch Studenten, ehemalige Schülerinnen und Schüler sowie Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit für unsere Sommerschule gewinnen konnten.“ Die Jugendsozialarbeiter seien während der Sommerschule ebenfalls durchgehend als Ansprechpartner für die Schülerinnen und Schüler vor Ort.

Dass dieses Programm an der RS Aschheim Anklang findet, davon konnte sich der Kultusminister persönlich überzeugen. Im Anschluss an seinen Rundgang stand Piazolo auch Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort, wobei durchaus persönliche Fragen gestellt wurden. So manch ein Zuhörer konnte sich das Lächeln nicht verkneifen bei der spontanen Antwort des Ministers auf die Frage, wie er denn Kultusminister geworden sei: „Ja, das frage ich mich auch!“ Zudem erkundigte sich Piazolo im Gespräch mit einigen Lehrkräften sowie mit den Jugendsozialarbeitern nach den Unterrichtserfahrungen der letzten, von der Pandemie geprägten Monate. Er stellte heraus, dass Kinder in der Pandemie eben nicht irgendwie zurecht kämen: „Sie brauchen unsere Unterstützung.“ Piazolo fragte auch nach, was den Lehrern in Bezug auf das folgende Schuljahr helfen würde. „Planungssicherheit und Zeit“, erklärte Beratungslehrer Peter Engelhardt prompt. Und Andrea von Both, Mitglied der erweiterten Schulleitung, ergänzte: „Den Schülerinnen und Schülern fehlt die Vertiefung und Übung.“ Gerade hierfür sei die Sommerschule jedoch ideal, da die Kurse klein seien. Allerdings erreiche man eben nicht jeden Schüler damit - vor allem nicht diejenigen, die wirklich Förderunterricht benötigen würden.

Für das kommende Schuljahr legte Piazolo klar fest, dass der Präsenzunterricht „die oberste Maxime“ sei: „Lieber Präsenzunterricht mit Maske als zuhause sitzen. Denn Schule ist auch ein sozialer Ort, ein Ort der Gemeinschaft.“ Die Hoffnung bleibt bestehen, dass dies im neuen Jahr auch wirklich umgesetzt werden kann.

von PETRA HERBASCH





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