Magazin für Digitalisierung & Schulentwicklung

Ausgabe 1: Künstliche Intelligenz, Peer learning und neue ByCS-Anwendungen an unseren Realschulen

KI in der (Real-)Schule

"Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren."

Quelle: Was ist künstliche Intelligenz und wie wird sie genutzt? (L) | Aktuelles | Europäisches Parlament (europa.eu)

Mit der Veröffentlichung von ChatGPT-3 Ende 2022 war das Thema KI schlagartig in aller Munde. Seitdem beschäftigten sich Lehrkräfte an vielen Schulen intensiv mit der Frage, wie sich generative KI – also KI, die neue Ideen und Inhalte in Text, Bild und/oder Ton erzeugen kann – gewinnbringend in den Unterricht integrieren lässt.

Mit dem „Orientierungsrahmen Künstliche Intelligenz und Schule“ (L) (im folgenden Orientierungsrahmen) des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus liegt ein zentrales Dokument vor, das beschreibt, wie KI im Unterricht eingesetzt werden kann. Im Folgenden werden die Eckpfeiler des Orientierungsrahmens kurz vorgestellt und mit Beispielen und praktischen Hinweisen für die Umsetzung im Realschulunterricht ergänzt:

Der Orientierungsrahmen fokussiert vier verschiedene Aspekte des Einsatzes von KI-Systemen:

  1. Lernen über Künstliche Intelligenz
  2. Lernen mit Künstlicher Intelligenz
  3. Künstliche Intelligenz und Bewertung von Lernprozessen bzw. Arbeitsergebnissen
  4. Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz

 

1. Lernen über Künstliche Intelligenz:

In diesem Kapitel des Orientierungsrahmens erfolgt eine Darstellung, wie Künstliche Intelligenz als Lerngegenstand in den LehrplanPLUS der jeweiligen Schulart integriert ist.

„Die Realschule greift im Bereich der schulart- und fächerübergreifenden Bildungsziele [„Medienbildung/Digitale Bildung“ und „Technische Bildung“] sowie unter anderem im Fach Informationstechnologie das Thema KI auf. Im Anfangsmodul 1.9 „Digitale Medien“ des LehrplanPLUS für das Fach Informationstechnologie wird das Thema KI im Zusammenhang mit Vorteilen und Konsequenzen im Umgang mit digitalen Werkzeugen konkret benannt. Weitere Module des Faches wie z. B. 2.7.1 „Logische Schaltungen“ und 2.7.2 „Robotik und eingebettete Systeme“ behandeln fundamentale informatische Aspekte, welche auch im Bereich der KI zum Einsatz kommen.“

Quelle: Orientierungsrahmen

Darüber hinaus bietet es sich an, insbesondere bei Unterrichtsinhalten, die eine regelgeleitete, algorithmische Umsetzung erfordern, deren technische Umsetzung zu analysieren. Beispielhaft ist die Kontrolle grammatikalischer Regeln in Schreibhilfen, wie die Rechtschreib- oder Satzbauprüfung innerhalb eines Textverarbeitungsprogramms.

An geeigneter Stelle können in den Fachunterricht auch ethisch-moralische Fragestellungen, wie sie bei der Programmierung autonom gesteuerter Fahrzeuge auftreten, integriert werden (praktischer Anwendungsfall des Gedankenexperiments „Trolley-Problematik“(L) ). Ein Fallbeispiel zum Thema mit einem Überblick über mögliche moralische Fragestellungen finden Sie hier (L).

 

2. Lernen mit Künstlicher Intelligenz:

In diesem Kapitel skizziert der Orientierungsrahmen Einsatzszenarien von Künstlicher Intelligenz als Unterrichtswerkzeug verbunden mit Hinweisen, wie diese im Unterricht genutzt werden kann. Hinweise zur rechtlichen Nutzung einer Auswahl konkreter Werkzeuge finden sich im Kapitel „Arbeiten mit künstlicher Intelligenz“.

Spezifische automatisierte Dienste

Diese Programme wurden für eine bestimmte Funktion (z.B. Übersetzung von Texten, Lösung von Gleichungen, etc.) entwickelt und können in diesem definierten Bereich als Unterstützung im Unterricht eingesetzt werden. Auch wenn diese Programme häufig bereits eine relativ hohe Antwortqualität liefern, sollte eine (zumindest stichprobenartige) Überprüfung mit den Schülerinnen und Schülern als fester Bestandteil der Nutzung eingeübt werden.

Einsatz von KI-Textgeneratoren

KI-Textgeneratoren können die Schülerinnen und Schüler als Assistenzsystem bei der Erstellung von Lernprodukten begleiten. Aus Sicht der Lehrkraft kann so die Differenzierung und Individualisierung im Fachunterricht gefördert werden, da alle Lernenden ein maschinelles Gegenüber haben. Exemplarisch lässt sich dies an dem von der TU München entwickelten KI-Werkzeug peer (L) verdeutlichen:

In diesem Werkzeug erhalten die Schülerinnen und Schüler nach der Eingabe eines Aufsatzes ein individuelles Feedback mit Hinweisen zur Verbesserung des Textes. Nachfolgend ein stark vereinfachtes Beispiel für einen sachlichen Brief:

Feedback 1 wendet sich direkt an die Schülerin oder den Schüler, die Feedbackvariante 2 kann der Lehrkraft als Arbeitsgrundlage für eine Rückmeldung dienen.

Der Hinweis auf die fehlende Grußformel in Feedback 2 macht aber deutlich, dass die Rückmeldungen noch kritisch auf ihre Plausibilität überprüft werden müssen.

Im Hinblick auf den Einsatz solcher Systeme im Rahmen von Hausaufgaben macht Orientierungsrahmen deutlich, dass „keine Schülerin bzw. Schüler verpflichtet werden [kann], KI-Textgeneratoren zu verwenden, darüber hinaus kann auch nicht vorausgesetzt werden, dass die Schülerinnen und Schüler über einen Zugang zu KI-Textgeneratoren wie ChatGPT verfügen. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Schülerinnen und Schüler aus eigener Motivation heraus diese Tools bei der Hausaufgabe nutzen wollen, was von der Lehrkraft nicht verhindert werden kann. […] Auch eine Hausaufgabe, die möglicherweise mit Hilfe von KI-Anwendungen angefertigt wurde, kann als Impuls für das Lernen über und mit KI genutzt werden, z. B. wenn eine Antwort als falsch identifiziert wird oder gemeinsam reflektiert wird, welche Prompts oder Anwendungen verwendet wurden etc.“

 

3. Künstliche Intelligenz und Bewertung von Lernprozessen bzw. Arbeitsergebnissen

In diesem Kapitel stellt der Orientierungsrahmen schulartübergreifend die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz künstlicher Intelligenz in Prüfungssituationen dar. Nachfolgend erfolgt eine Betrachtung aus Sicht der Realschule. Während die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Unterrichtsgestaltung der einzelnen Lehrkraft einen großen pädagogischen Freiraum hinsichtlich der Zulassung oder des Verzichts auf technische Hilfsmittel lassen, sind die Rahmenbedingungen für Prüfungssituationen im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes sehr viel enger. Die Weiterentwicklung der Prüfungskultur im Hinblick auf den Einsatz technischer Werkzeuge wird deshalb aktuell im Rahmen des Schulversuchs „Prüfungskultur innovativ“ (L) der Stiftung Bildungspakt Bayern erprobt.

Präsenzprüfungen

Die Regelungen zum Einsatz (digitaler) Hilfsmittel gelten außerhalb entsprechender Schulversuche unverändert fort. Ein von der Schule nicht gewünschter Einsatz von KI-Werkzeugen ist als Unterschleif zu werten.

Projektarbeit und Projektpräsentation

Im Rahmen der Projektarbeit und Projektpräsentation haben die Schülerinnen und Schüler an der Realschule die Möglichkeit, auch zu Hause an bewerteten Lernprodukten zu arbeiten. Die Bewertung der Projektpräsentation (L) (vgl. verlinkte Handreichung des ISB S. 54 ff.) berücksichtigt dabei die Teilbereiche:

  • (Arbeits-)Prozess
  • Dokumentation
  • Präsentation der Ergebnisse

Zur Leistungserhebung führt die Handreichung des ISB auf S. 63 aus: „[Es] sollten Leistungsnachweise gewählt werden, in denen v. a. die angestrebten Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zum Ausdruck kommen (z. B. Erstellen eines Interviewleitfadens, Präsentation von Recherche-Ergebnissen als Plakat oder als PowerPoint-Präsentation, Organisation und Dokumentation einer Exkursion).“ Es gibt keine Vorgaben, welche Werkzeuge verwendet werden dürfen. Somit könnten auch KI-Werkzeuge eingesetzt werden, deren Verwendung im Rahmen der Dokumentation nachvollziehbar dargelegt werden muss. In diesem Fall scheint es zweckmäßig, ein noch stärkeres Augenmerk auf den Lern- und Arbeitsprozess, z.B. das Annehmen und Einarbeiten von Feedback, zu legen.

4. Arbeiten mit künstlicher Intelligenz

Dieses Kapitel des Orientierungsrahmens konzentriert sich auf die Lehrkompetenzen, die für das Unterrichten mit KI-Werkzeugen benötigt werden.

Im Fokus steht dabei die korrekte Anwendung der rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI im Unterricht. Dabei wird auch der Einsatz mehrerer weitverbreiteter Anwendungen (ChatGPT, DEEPL, DEEPL-write, PEER) einer eingehenden Analyse unterzogen und exemplarisch aufgezeigt, welche Einsatzmöglichkeiten mit den einzelnen Werkzeugen zulässig bzw. nicht zulässig sind.

Auf eine schematische Darstellung der Einsatzmöglichkeiten der einzelnen Werkzeuge wurde an dieser Stelle bewusst verzichtet, da dies zu einer unangemessenen Simplifizierung der Aussagen des Orientierungsrahmens führen würde. Vor dem Einsatz von KI-Werkzeugen ist es Lehrkräften empfohlen, die Hinweise zu den einzelnen Programmen im Kapitel „Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz“ (L) des Orientierungsrahmens zu sichten. Die Einbindung des Datenschutzbeauftragten ist vor einer Nutzung erforderlich.

Zahlreiche aktuelle Fortbildungsangebote zu Künstlicher Intelligenz im Unterricht finden Sie auf der Sonderseite ALP Dillingen: Unterricht-KI (L) der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen.

Sollte Ihre Schule Bedarf an einer schulinternen Fortbildung zum Thema KI haben, steht Ihnen das Experten- und Referentennetzwerk (L) unseres MB-Bezirks gerne zur Verfügung.

Martin Ehmann - mBdB (RS) MB Bezirk München

 

 



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