Magazin für Digitalisierung & Schulentwicklung

Ausgabe 3: Digitaler Wandel im Schulalltag: Zusammenarbeit, Innovation und Perspektiven

Kooperatives Arbeiten mit digitalen Endgeräten

Kooperatives Arbeiten mit digitalen Endgeräten

Kooperatives Arbeiten mit digitalen Endgeräten
Martin Ehmann

Martin Ehmann, BerR
Medienpädagogischer Berater digitaler Bildung

Ob Gruppenarbeit, Partnerarbeit, Fishbowl oder andere didaktische Methoden - dass Schülerinnen und Schüler im Miteinander Unterrichtsstoff erfolgreich erarbeiten und vertiefen, ist eine pädagogisch-didaktische Binsenweisheit. Wie auch sonst lässt sich isoliertes Fachwissen mit den Kompetenzen der 4Ks (Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken) verknüpfen und dadurch eine vertiefte Selbstwirksamkeitserfahrung beim Lernen erleben?

In diesem Artikel möchte ich anhand von Beispielen erläutern, wie der Lernraum Schule durch das Werkzeug der BayernCloud weiter geöffnet werden kann, so dass auch im digitalen Raum die Möglichkeit zur Kooperation besteht.

Was wir bereits wissen:

Das ClearingHouse Unterricht, eine Arbeitsgruppe der TU München, welche wissenschaftliche Studien zur evidenzbasierten Unterrichtsentwicklung sichtet und für Lehrkräfte aufbereitet, stellt zum Kooperativen Lernen mit digitalen Endgeräten fest:

„Die Analyse unterschiedlicher Vergleichsbedingungen zeigt, dass kollaboratives Lernen mit mobilen Geräten effektiver ist als individuelles Lernen mit mobiler Technologie oder kollaboratives Lernen ohne digitale Unterstützung. Allerdings ergaben die Vergleiche auch, dass Lernende, die kollaborativ mit mobilen digitalen Geräten lernen, verglichen mit Lernenden, die kollaborativ mit statischen (Desktop-)Geräten lernen, nicht signifikant besser abschneiden. Dies deutet darauf hin, dass das besondere Potenzial mobiler digitaler Geräte erst noch nachgewiesen bzw. entwickelt werden muss. Im Hinblick auf den Einsatzkontext ergeben die Befunde, dass insbesondere SchülerInnen der Sekundarstufe und in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern vom kollaborativen Lernen mit mobilen digitalen Geräten profitieren.“1

Es scheint wohl durchaus etwas daran zu sein, dass digitale Endgeräte Schülerinnen und Schüler beim Lernen unterstützen. Und, dass sie es dann besonders guttun, wenn wir mit ihnen das Gleiche tun, was wir auch im analogen Setting als besonders lernförderlich ansehen: kooperativ arbeiten.

1 Kollaboratives Lernen und mobile digitale Geräte: Eine wirksame Kombination? - Clearing House Unterricht (abgerufen am 18.11.2024).

Was wir tun können:

Wie im analogen auch, wird man auch zu Beginn des kooperativen Arbeitens im digitalen Raum zunächst damit beschäftigt sein, die sozialen Spielregeln festzulegen. Insbesondere kommt es dabei darauf an, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass es in einem solchen Setting nicht primär um die Optimierung des Lernproduktes geht, sondern der Fokus auf dem kooperativen Arbeitsprozess liegt. Insbesondere muss deutlich vermittelt werden, dass es nicht das Ziel ist, dass einzelne leistungsstarke Lernende, das Produkt – ob aus eigener Motivation heraus, oder weil es die Gruppe von ihnen verlangt – im Alleingang erstellen. Lassen Sie sich also nicht entmutigen, wenn Sie zunächst mit (vermeintlich) neuen Problemen des Miteinanders konfrontiert sein werden.

Wichtig ist es, den Schülerinnen und Schülern immer wieder zu vermitteln, dass ein intensiver Austausch, das Hinzufügen von Kommentaren oder von Änderungsvorschlägen keine Kritik an der Arbeit der erstellenden Person ist und von Ihnen als Lehrkraft negativ gesehen wird, sondern dass diese Form des Austauschs vielmehr das ist, was von Ihnen gewünscht und im Sinne der Prozessorientierung (so ist es nun mal in einer von Belohnung geprägten Schullandschaft) positiv bewertet wird.

Davon abgesehen gibt es wie in analogen Lernsettings auch nicht den einen Weg, wie man im digitalen Raum kooperativ arbeitet. Deshalb müssen Sie bereits relativ zu Beginn der Unterrichtsplanung eine Grundsatzentscheidung treffen.

Arbeiten in einem Dokument oder ein gemeinsames Projekt verteilt auf mehrere Dokumente:

  • Arbeiten in einem Dokument:

    Die BayernCloud Schule bietet Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, echt kollaborativ in einem Dokument zu arbeiten. Dies bedeutet, dass alle Personen, die ein Dokument geöffnet haben, in Echtzeit die Änderungen der Anderen Nutzer verfolgen und auch aktiv in dieses Eingreifen können.

    Die Nutzung dieser Funktionen setzt voraus, dass Ihre Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, diese Funktionen zu verstehen und verantwortungsvoll einzusetzen. Hierbei benötigen die Schülerinnen und Schüler, je nach Reife gestaffelt, Unterstützung durch Anleitung und Regeln.

    Vor dem Beginn des kooperativen Arbeitens sollten Ihre Schülerinnen und Schüler mit folgenden Funktionen vertraut sein:
    • Kommentarfunktion
    • (für ältere Lernende auch) Änderungsfunktion
    • „Speichern unter“ zur Erstellung einer Kopie des Dokuments
    • Bereinigung eines Dokuments von Kommentaren und Annahme oder Ablehnung von Änderungsvorschlägen

    Wenn diese Funktionen bekannt sind, können folgende Gruppenregeln vereinbart werden:

    • Jedes Gruppenmitglied hat die Federführung für einen inhaltlichen Teil.
    • Nur das federführende Gruppenmitglied darf den Text in seinem Bereich final anpassen.
    • Nicht federführende Mitglieder machen Anmerkungen in Form von Kommentaren oder Änderungsvorschläge im Änderungsmodus.
    • Das Dokument wird der Lehrkraft einmal mit Kommentaren und Änderungsvorschlägen und einmal in einer bereinigten Version zur Verfügung gestellt.

    Durch die Abgabe in zwei Dokumenten ist es Ihnen als Lehrkraft möglich, neben dem finalen Produkt auch Einblick in den Entstehungsprozess zu nehmen.

  • Arbeiten in getrennten Dokumenten:

    Arbeiten die Schülerinnen an komplexeren Lernprodukten, z.B. im Rahmen der Projektpräsentation, ist es häufig zielführender, mehrere thematisch abgegrenzte Einzeldokumente zu erstellen, die in einem Gruppenordner gesammelt werden. Dies hat insbesondere den Vorteil, dass verschiedene Anwendungen, z.B. Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationsprogramme, jeweils situationsgerecht eingesetzt werden können. Die Multimedialität solcher Aufgabenstellungen erlaubt es den Lernenden, sich innerhalb der Gruppe, ähnlich wie im realen Berufsleben zu spezialisieren und dadurch die Stärken der einzelnen Gruppenmitglieder gezielt synergetisch einzusetzen.

    Da die Kommentar- und Änderungsfunktionen in den verschiedenen Programmen unterschiedlich funktionieren und teils auch nicht vollumfänglich vorhanden sind, empfiehlt es sich zunächst, ein Textdokument – das Logbuch – anzulegen, in dem die einzelnen Dokumente des Projektes mitsamt ihrer Funktion innerhalb des Gesamtprojektes beschrieben sind und von den anderen Gruppenmitgliedern Anmerkungen zu den einzelnen Dokumenten gesammelt werden können. Dies ersetzt in diesem Setting die Kommentarfunktion aus dem zunächst vorgestellten Setting.

    Gerade bei der Arbeit mit jüngeren Lernenden kann es hilfreich sein, wenn das Logbuch nicht von der Gruppe selbst erstellt wird, sondern von der Lehrkraft vorgegeben wird und nur die Anmerkungen von den Schülerinnen und Schülern ergänzt werden.

    Um solche Arbeiten umsetzen zu können, müssen die Lernenden folgende Funktionen der BayernCloud Schule beherrschen:

    • Arbeiten in Spaces der BayernCloud

    Folgende Gruppenregeln können vereinbart werden:

    • Jedes Gruppenmitglied hat die Federführung für ein Dokument.
    • Anmerkungen werden im Logbuch notiert und ggf. von der federführenden Person erwidert.

    Sollten Sie sich nun Fragen, wie diese pädagogischen Überlegungen konkret umgesetzt werden können, darf ich Sie auf den Artikel „How to kooperativ Arbeiten mit der BayernCloud“ verweisen.

    mBdB Martin Ehmann



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