2.4.3.3 Beobachtungen

Inhalte des Gutachtens  
Bei der Erstellung des Gutachtens ist auszugehen von den Anforderungen, die sich aus den in der Bay­erischen Verfassung verankerten Bildungszielen und den im BayEUG festgelegten Aufgaben der Schulen für den Beruf des/der Lehrers/in ergeben.
Mit Recht erwartet man vom/von der Lehrer/in, dass er/sie nicht nur Wissen vermittelt, sondern sich mit dem Einsatz der ganzen Person der charakterlichen Erziehung und Förderung der ihm/ihr anvertrauten Schüler annimmt. Die Erfüllung des gesetzlichen Erziehungsauftrags erfordert, dass der/die Lehrer/in sich den für die Schulen verbindlichen Werten und den auf sie bezogenen Haltungen auch persönlich verpflichtet  fühlt. Nur so wird es ihm/ihr gelingen, den Schülern Orientierung für das Leben zu geben und ihnen soziale Tugenden zu vermitteln. Bildungsziele wie Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundord­nung sind Grundlagen unseres Zusammenlebens, zu denen die Schule hinführen muss. Eine vertrau­ensvolle Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten der Schüler ist dabei unerlässlich.
Ein Berufsethos, das ausgerichtet ist auf die Wertordnung der Verfassung, ist eine unverzichtbare Vor­aussetzung für die Eignung zum Lehrerberuf und für erzieherischen Erfolg. Es gehört daher zu den zentralen Inhalten der Seminarausbildung, die Studienreferendare/innen mit ihrer erzieherischen Auf­gabe vertraut zu machen und ihre Bereitschaft zu erzieherischem Wirken zu wecken. Die Förderung einer positiven Berufseinstellung ist ein wesentliches Ziel der Beobachtung und Betreuung während der Ausbildung an der Seminarschule wie auch an der Einsatzschule. Dabei tragen nicht nur die Seminar­lehrkräfte, sondern alle an der Ausbildung beteiligten Lehrer/innen Verantwortung gegenüber den in der Ausbildung stehenden Studienreferendaren/innen.
Aus den obigen Ausführungen folgt, dass sich das Gutachten über die Studienreferendare nicht auf die fachlichen Fragen des Unterrichts beschränken kann. Vielmehr muss es auch erkennen lassen, ob sich der/die Studienreferendar/in im Vorbereitungsdienst als Erzieher/in bewährt hat und die Anforderungen seines/ihres Berufs charakterlich erfüllt; es muss Feststellungen darüber enthalten, ob ein/e Studienre­ferendar/in willens und in der Lage ist,

  • den gesetzlichen Erziehungsauftrag zu erfüllen,
  • sich mit voller Hingabe dem Lehrer- und Erzieherberuf zu widmen,
  • an der Verantwortung für die ganze Schule mitzutragen,
  • mit allen Beteiligten, insbesondere auch den Erziehungsberechtigten, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und durch sein/ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein/ihr Beruf erfordert.


Diese allgemeinen Gesichtspunkte erstrecken sich auf alle drei Merkmale, die gemäß   §§ 22, 22 a und 22 b LPO II im Gutachten bewertet werden. Die folgende Zusammenstellung von Kriterien für das Gutachten über die Studienreferendare/innen ist bewusst ausführlich gehalten. Sie soll einerseits dem/der Beurteilenden für ein möglichst umfassendes Gutachten über den/die Studienreferendar hinreichend differenzierte Gesichtspunkte an die Hand ge­ben, andererseits aber auch den/die Studienreferendar/in ausreichend über die Grundlagen des Gut­achtens informieren. Bei angemessener Beachtung ermöglichen die aufgeführten Gesichtspunkte im Zusammenhang mit den oben genannten allgemeinen Anforderungen ein dem tatsächlichen Erscheinungsbild entsprechen­des Gutachten, die auf Grund konkreter Beobachtungen zu einer objektiven, gerechten und auch über­prüfbaren Benotung führt. Selbstverständlich kann und wird nicht jedes Gutachten auf alle Aspekte eingehen, sondern nur jeweils auf die, zu denen wesentliche und kennzeichnende Beobachtungen vorliegen. Die Einzelbeobachtun­gen müssen kritisch gewertet und nach ihrer Bedeutung eingeordnet werden. Zu bedenken ist ferner, dass die einzelnen Aspekte nicht gleichgewichtig sind und nicht immer streng von­einander getrennt werden können. Nach §§ 22, 22 a und 22 b LPO II ist eine Note jeweils für die Merkmale „Unterrichtskompetenz“, „Er­zieherische Kompetenz“ sowie „Handlungs- und Sachkompetenz“ festzusetzen.        

 

UNTERRICHTSKOMPETENZ

Die Unterrichtskompetenz des Studienreferendars wird von Beginn der Ausbildung an von den Beur­teilenden beobachtet; die Anforderungen sind naturgemäß am Anfang der Ausbildung geringer und erhöhen sich in dem Maße, in dem diese voranschreitet. Grundlagen der Beobachtungen und der Be­wertungen sind die Lehrversuche und der zusammenhängende bzw. eigenverantwortliche Unterricht, nicht aber die Prüfungslehrproben, die gemäß § 21 LPO II gesondert zu bewerten sind.     ·    

Didaktische und methodische Planung und Vorbereitung des Unterrichts

  • lehrplanmäßige Planung des Unterrichts über einen längeren Zeitraum hin (im zusammenhängen­den und eigenverantwortlichen Unterricht)
  • sorgfältige Vorbereitung der Einzelstunden
  • Fähigkeit, die wissenschaftlich-theoretischen Inhalte der jeweiligen Fächer in einer der Altersstufe und der Aufnahmefähigkeit der Schüler entsprechenden Weise in die Unterrichtspraxis umzusetzen
  • Berücksichtigung der besonderen Situation der Klasse
  • Fähigkeit, die Schüler zum Lernen zu motivieren
  • Setzen von Schwerpunkten
  • sach- und situationsgerechte Wahl der Unterrichtsverfahren
  • Ökonomie des Unterrichts (etwa: Zeiteinteilung, Verteilung der Übungen auf schulische und häusli­che Arbeit)
  • Auswahl und Bereitstellung der Unterrichtsmittel
  • ggf. Planung und Vorbereitung der Unterrichtsexperimente
  • langfristige Sicherung der Unterrichtsergebnisse.  

Durchführung des Unterrichts

  • Grad des Erreichens der Unterrichtsziele
  • Zielstrebigkeit in der Durchführung des Unterrichts
  • Verwirklichung der Planung bei Flexibilität der Durchführung
  • Improvisationsgeschick
  • Übersichtlichkeit des Stundenverlaufs
  • Erklärungs-, Darstellungs- und Demonstrationstechnik
  • sachgerechter und zweckdienlicher Einsatz von Lernhilfen und Medien Angemessenheit der verwendeten Sprache (etwa: Treffsicherheit in der Wahl des Ausdrucks, Klar­heit der Begriffe und der Gedankenentwicklung, Angemessenheit von Sprachtempo und Lautstärke, Artikulation, Intonation, Modulation und sprachliches Niveau)
  • Technik der Gesprächsführung (insbesondere Fragetechnik, Art des Eingehens auf Fragen und Bei­träge der Schüler)
  • Fähigkeit, die Schüler zu aktivieren und möglichst alle zu beteiligen
  • Art der Berichtigung von Schülerfehlern
  • Führungsstil im Unterricht
  • Überblick über die Klasse
  • Sicherheit und Angemessenheit des Auf­tretens in der Klasse  

Feststellung des Lernfortschritts, der Leistungserhebung und Leistungsbewertung

  • Feststellung des Lernfortschritts einzelner Schüler bzw. der Klasse
  • Art der Stellung und Überprüfung der Hausaufgaben
  • sachgemäße und fördernde Überprüfung der Arbeitshefte und -mappen der Schüler
  • Erstellung von Schulaufgaben, Kurzarbeiten und Stegreifaufgaben: Angemessenheit, Schwierigkeits­grad, Umfang und Lehrplanbezug, Eindeutigkeit und Klarheit der Aufgabenstellung v Durchführung von Leistungserhebungen
  • Korrekturarbeit: Sicherheit und Zuverlässigkeit, äußere Form; Einhaltung von Terminen
  • Bewertung mündlicher und schriftlicher Schülerleistungen: Angemessenheit, Bildung der Gesamt­note, Transparenz der Notengebung
  • Konsequenzen aus der Leistungserhebung für den eigenen Unterricht
     

Reflexion der Planung und Durchführung sowie der Ergebnisse des eigenen Unterrichts  

Gestaltung der Beratung
Bei den Fächerverbindungen mit Psychologie umfasst das Merkmal "Unterrichtliche Kompetenz" außerdem die "Gestaltung der Beratung".  

 

ERZIEHERISCHE KOMPETENZ 

Bei der Begutachtung der erzieherischen Kompetenz werden unterrichtliche und außerunterrichtliche Beobachtungen aus allen Teilen der Ausbildungszeit zu Grunde gelegt.  

Umgang mit Schülern

  • Kontaktfähigkeit
  • Fähigkeit, die Klasse und den einzelnen Schüler anzusprechen (Voraussetzungen: Freundlichkeit, Humor, Ausgeglichenheit, Geduld, Toleranz, Einfühlungsvermögen, Angemessenheit der Aus­drucksweise)
  • Aufgeschlossenheit für den einzelnen Schüler
  • Bemühung und Fähigkeit, auf die persönlichen und fachlichen Probleme der einzelnen Schüler auf den verschiedenen Altersstufen einzugehen
  • Bemühung und Fähigkeit, das Vertrauen der Schüler zu wecken; Aussprechen von Anerkennung und Kritik
  • Streben nach Gerechtigkeit und Unparteilichkeit
  • Geschick, eine Klasse zu führen und zu betreuen
  • Bereitschaft, sich auch über den Unterricht hinaus zu engagieren (etwa: Pausengestaltung, Schulveranstaltungen, Arbeitsgemeinschaften, Wanderungen und Fahrten)
  • Bereitschaft und Fähigkeit, soziales Verhalten (Kooperationsbereitschaft, Toleranz u.a.) innerhalb der Klasse zu wecken und zu fördern
  • Bereitschaft und Fähigkeit, die Bildung der Klassengemeinschaft zu fördern
  • Fähigkeit, den Schülern den Sinn von unterrichtlichen und erzieherischen Maßnahmen deutlich zu machen v angemessener Umgang mit leistungsschwächeren, erziehungsschwierigen oder kontaktarmen Schülern
  • Bemühung um die charakterliche Entwicklung der Schüler wie Wertevermittlung und Kooperation in Erziehungsfragen mit Kollegen
  • Konsequente Umsetzung von Erziehungszielen

Sicherung der notwendigen Ordnung

  • Fähigkeit, einen geordneten Unterricht zu sichern
  • Geschick bei der Behebung von Konfliktsituationen
  • sinnvoller Einsatz von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen
  • Kontrolle der eigenen Reaktion
  • angemessenes Verhalten in schwierigen päda­gogischen Situationen  

Schülerbeobachtung und Beratung von Schülern und Eltern

  • Fähigkeit, wesentliche Grundzüge der Persönlichkeit eines Schülers bzw. der Struktur von Klassen zu erkennen
  • Fähigkeit, auf der Grundlage der gemachten Beobachtungen und der gegebenen Möglichkeiten Schüler und Eltern zu beraten  

 

HANDLUNGS- UND SACHKOMPETENZ  

Zur Handlungs- und Sachkompetenz gehören sowohl fachspezifische als auch allgemeine, die dienstli­che Verwendbarkeit beeinflussende Fähigkeiten und Verhaltensweisen.

  • Beschäftigung mit Entwicklungen im fachwissenschaftlichen, didaktischen, methodischen und pädagogisch-psychologischen Bereich
  • Einbringen eigener Begabung und Kreativität
  • Anwendung von schulorganisatorischem und schulrechtlichem Wissen
  • Realistische Wahrnehmung eigener Stärken und Schwächen
  • Erkennbare Bemühungen, auf Anregungen einzugehen und Defizite zu beheben
  • Bereitschaft und Fähigkeit zu stetigem Lernen
  • Erweiterung von Kenntnissen und Fertigkeiten in ausbildungsbezogenen Lehrgängen
  • Mitarbeit bei Seminarsitzungen und anderen schulischen Veranstaltungen
  • Erledigung dienstlicher Aufgaben mit Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Einsatzbereitschaft, Eigeninitiative, Verantwortungsbewusstsein und in selbstständiger Arbeitsweise
  • Mitwirkung bei Prozessen der inneren Schulentwicklung
  • Kommunikationsfähigkeit und Zusammenarbeit innerhalb des Seminars und der Schule sowie in außerschulischen Bereichen
  • Konstruktiver, lösungsorientierter Umgang mit Konflikten und Problemen
  • Situationsangemessenes und adressatenorientiertes Verhalten
  • Werteförderndes Arbeiten
  • Pünktlichkeit und zuverlässige Einhaltung von Terminen
  • Sorgfalt im Umgang mit den anvertrauten Geräten, Büchern, Medien usw.
  • Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen        



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