2.4.3.2 Kriterien zur Erstellung von Beobachtungen

UNTERRICHTSGEGENSTAND

Sachrichtigkeit
Der Fachunterricht muss sich am neuesten Kenntnisstand und an den typischen Methoden der einzelnen Wissenschaften orientieren. Die Lehrkraft muss über Sachkompetenz verfügen, damit sie die fachwissenschaftlichen Anforderungen erfüllen kann, da für jedes schulische Lehren gründliche Kenntnis des Gegenstandes unerlässlich ist. Zu bewerten sind Umfang/Verfügbarkeit der Fachkenntnisse und die fachliche Kompetenz (fachgemäße Gedankenentwicklung, Einschätzung der Schülerbeiträge).

Struktur des Gegenstandes
Die folgende Feststellung in den Richtlinien der ständigen Konferenz der Kultusminister zur Didaktik und Methodik der Klassen 5 bis 11 ist jedoch noch immer zu beherzigen: "Es ist davor zu warnen, die Gegenstandsanalyse von vornherein und ausschließlich auf die noch begrenzte Aufnahmefähigkeit des Schülers vorzunehmen und damit oft sachwidrig zu vereinfachen. Es ist erst nach der Sache selbst zu fragen. Die Struktur des jeweiligen Unterrichtsgegenstandes muss erfasst werden." Das Anspruchsniveau des Unterrichts ist also nicht nur eine Frage der Reife der Schüler, sondern der Sachkompetenz der Lehrkraft, die auf ihrer Literaturkenntnis und ihrem Können beruht. In einer guten Unterrichtsstunde gelingt es der Lehrkraft, schwierige Probleme für sich und auch für die Schüler sachgerecht und verständlich aufzuschließen.

Zu bewerten sind...  

  • die Auswahl von Lerninhalten nach sachlogischen, lernpsychologischen und pädagogischen Gesichtspunkten,
  • die schlüssige Abfolge der Lerninhalte,
  • die Einbindung in vorhergehende und folgende Stunden,
  • eine altersgemäße Aufbereitung von wissenschaftlichen Sachverhalten und Problemen (didaktische Reduktion), dies gilt insbesondere für Materialien, die für Gruppen-unterricht/Lernzirkel aufbereitet werden und
  • ein nachvollziehbarer Zusammenhang von Zielen und Inhalten.

Gehalt und Anschaulichkeit der Arbeitsmittel
Die verwendeten Anschauungsmittel sollen die Schüler/innen motivieren und ihnen den Zugang zum Unterrichtsgegenstand erleichtern. Nicht die Fülle des Materials, sondern die Zweckmäßigkeit ist deshalb entscheidend. Dabei ist es sinnvoll, eine Erkenntnis nicht nur an einem, sondern an mehre­ren Beispielen zu gewinnen.

Zu bewerten sind...  

  • die zielgerichtete Auswahl der Medien,
  • der zweckmäßige Einsatz der Medien zum richtigen Zeitpunkt und im angemessenen Umfang,
  • die Klärung fachspezifischer Termini (bei Textquellen), ggf. in Eigentätigkeit durch die Schüler,
  • die sinnvolle Auswertung des (ggf. selbst gefertigten) Materials und
  • ggf. die sachdienliche Vorbereitung und Durchführung von Experimenten (Einbindung in den Unterricht, Darbietung und Auswertung).  

Thematisierung
Die Einzelstunde muss in der Regel im Zusammenhang einer größeren Unterrichtseinheit stehen. Der didaktische Zuschnitt in sinnvolle Lerneinheiten erfolgt durch die Thematisie­rung der Einzelstun­den. Dabei ist der Lehrplan zwar einzuhalten, seine didaktischen und methodischen Freiheiten sind jedoch auch zu nutzen. Der fachübergreifende Ansatz ist nach Möglichkeit zu berücksichtigen.  

Zu bewerten sind...  

  • die Beachtung aller Ebenen des Lehrplans für die bayerische Realschule,
  • die Festlegung und Differenzierung der Lernziele,
  • eine begründete Schwerpunktsetzung,
  • das Einordnen der Lerninhalte in größere Zusammenhänge,
  • fachübergreifende Bezüge und
  • ggf. das Eingehen auf aktuelle Ereignisse  

Lernzielsetzung und Operationalisierung
Die Lernziele sind dem Lerninhalt nicht als fremder Raster übergeordnet, sondern adäquat. Sie legen offen, was und wie an dem Gegenstand gelernt werden soll. Bei der Begründung der Lernziele sind alternative Möglichkeiten und die individuellen Besonderheiten der Klasse zu erwägen. Die Stundenlernziele beschränken den Stoff, ordnen die Vielfalt, bestimmen die Denk- und Handlungsrichtung der Stunde und begrenzen das Lernvolumen. Die operationalisierten Lernziele sind identisch mit den beabsichtigten Ergebnissen der Stunde. Im kognitiven Bereich verlangt das Problem der Belastung der Schüler eine klare, für den Schüler er­kennbare Trennung in Kernwissen (Unterrichtsergebnisse) und in Orien­tierungs- sowie Randwissen.

Zu bewerten sind...

  • die Formulierung klarer Lernziele,
  • die Art und Weise, wie die im Entwurf geplanten Lernziele vor dem Hintergrund der pädagogischen Situation in der Klasse erreicht wurden und
  • inwieweit das Grundwissen gemäß Lehrplan berücksichtigt wurde.

 

UNTERRICHTSAUFBAU   

Gliederung
Die Stunde soll eine überzeugende, in sich geschlossene Abfolge der einzelnen Lehrschritte aufweisen. Dazu gehört auch, dass keine Brüche an den didaktischen Gelenkstellen entstehen, sondern sich die Übergänge organisch ergeben.  

Zu bewerten sind...

  • eine nachvollziehbare, einsichtige Abfolge von Teilzielen und
  • Zwischenwiederholungen zur Verdeutlichung der Lernschritte.  

Lernprozess
Die fachspezifischen Denk und Handlungsmethoden und die fachspezifischen Arbeitstechniken, die den Gang des Unterrichts steuern, sind für den Schüler kognitive bzw. instrumentelle Lernziele.  

Zu bewerten sind...

  • die fachspezifischen Denk und Handlungsmethoden,
  • die fachspezifischen Arbeitstechniken,
  • das Eingehen auf fachliche Schwierigkeiten einzelner Schüler und
  • die Anwendung von Lernhilfen.  

Unterrichts- und Sozialformen
Ebenso wenig wie bei den Denkmethoden und bei den Arbeitstechniken darf es bei den Sozialformen nicht darum gehen, dass möglichst viele eingesetzt werden. Die Frage ist vielmehr, inwieweit die sinnvoll ausgewählten Formen richtig durchgeführt werden. Es darf keinesfalls Aufgabe der Lehrerkraft sein, im Unterrichtsgespräch alles aus den Schülern zu erfragen (damit wird der Gegenstand oft nur zerredet). Was die Schüler selbst erarbeiten können, sollte ihnen der Lehrer nicht vorgeben. Der Leitsatz heißt: So viel Unterricht, in dem die Schüler mitbestimmend tätig sind, wie möglich und so oft Frontalunterricht zum nachvollziehenden Lernen wie nötig.  

Zu bewerten sind...

  • die Orientierung der Lehr und Arbeitsformen an den Lerninhalten, dem Alter der Schüler und dem Leistungsstand der Klasse,
  • die sinnvolle Wahl und Abwechslung der Methoden und
  • der Einsatz von Sozialformen, die dem Thema und den angestrebten Zielen angemessen sind.  

Lernfortschrittsfeststellung und Ergebnissicherung, Hausaufgabe
Lernfortschrittsfeststellung ist permanente unterrichtsbegleitende Aufgabe der Lehrkraft. Es erscheint wichtig, dass die Lehrkraft eine Atmosphäre der Lernbereitschaft und der personalen Offenheit schafft. Auf die Kongruenz von Lernzielen, Teilzusammenfassungen, Gesamtzusammenfassungen, Tafelbild, Aufgabenstellung und Leistungserhebung ist zu achten. Besondere Sorgfalt ist auf die sinnvolle Planung der Hausaufgaben zu legen.  

Zu bewerten sind... 

  • ggf. die Überprüfung der Hausaufgabe aus der vorangegangenen Stunde,
  • Entwurf und Ausführung des Tafelbilds und des Hefteintrags bzw. andere Form der schriftlichen Fixierung,
  • die Ergebnissicherung (vor allem bei Formen selbstständiger Schülerarbeit),
  • die Einübung und Vertiefung des Erarbeiteten,
  • die für den Schüler erkennbaren Wiederholungen (Grundwissen),
  • die Zwischen- und Schlusszusammenfassungen und
  • Platzierung, Stellung und Art der neuen Hausaufgabe.  

UNTERRICHTSFÜHRUNG  

Sprache und Ausdrucksvermögen
Die Sprache der Lehrkraft muss für jede Altersstufe Vorbildcharakter aufweisen. Sie hat stets die Grundforderung, Deutsch müsse als Unterrichtsprinzip alle Fächer durchdringen, zu berücksichti­gen.  

Zu bewerten sind...

  • die Beherrschung und angemessene Verwendung der Fachsprache,
  • Verständlichkeit, Anschaulichkeit, Klarheit, Wortschatz, Wortwahl und Niveau,
  • Lehrton und Eindringlichkeit,
  • Lautstärke, Modulation, Artikulation und Tempo sowie
  • Mimik und Gestik.    

Gesprächsführung
Für einen angemessenen Arbeitsrhythmus im Unterrichtsablauf bedarf es der wohl überlegten Gesprächsführung durch die Lehrkraft. Hierbei sollen, fachspezifisch notwendigerweise unterschiedlich akzentuiert, Fragestellung und Impulssetzung, Lehrervortrag und gebundenes/freies Schülergespräch angemessen abwechseln. Erst die Wertschätzung des Gesprächspartners als Person und seiner Argumente schafft eine menschenwürdige Gesprächsatmosphäre. Hierauf hat die Lehrkraft bei sich, aber auch bei den Schülern untereinander zu achten.  

Zu bewerten sind...

  • die Fragetechnik,
  • Anregung zur Problemfindung und –lösung,
  • das motivierende und zugleich sachdienliche Verwerten von Schülerbeiträgen,
  • die Berücksichtigung von Alter, Kenntnisstand und Leistungsvermögen der Schüler,
  • die Achtung der Schülerpersönlichkeit,
  • einfühlendes Verständnis und
  • eine positive Erwartungshaltung und Glaubwürdigkeit des Lehrers.  

Motivation und Mitarbeit der Schüler/innen
Das Bewusstsein des gemeinsamen Bemühens um die Sache schafft eine anregende und konzentrierte Arbeitsatmosphäre, in der sich auch die erziehlichen Elemente entfalten können. Die Motivation sollte durch die verschiedensten unterrichtlichen Maßnahmen gefördert werden. Interesse am Lerninhalt (sachbezogener Anreiz) und Leistungsmotivation sind gegenüber situativen Anregungsvariablen zu bevorzugen. Der Einstieg motiviert, indem er die Frage und Handlungsbereitschaft der Schüler weckt; aber erst die Befriedigung des Interesses im Verlauf der Stunde entscheidet über den Erfolg. Problemorientierter Unterricht motiviert, zentriert Teilfragen, erzwingt eine gründliche Stoffanalyse, zielt auf Lösungen, macht den Gang des Lernprozesses transparent, ermöglicht ein längerphasiges Arbeiten und regt die Eigeninitiative der Schüler an.  

Zu bewerten sind...

  • Einfallsreichtum, Impulsgebung und Anregung,
  • das Einbeziehen möglichst vieler Schüler,
  • positive und negative Verstärkung und
  • die Reaktion auf schwankende Mitarbeitsbereitschaft.  

Auftreten und Haltung vor der Klasse
Das Auftreten des Lehrers vor der Klasse soll gekennzeichnet sein durch Sicherheit, natürliche Aufgeschlossenheit, Arbeitsbereitschaft, unaufdringliche Freundlichkeit, demokratische Partnerschaftlichkeit (ohne Anbiederung), Geduld, Flexibilität und Zielstrebigkeit. Eine humorvolle Grundeinstellung gegenüber sich selbst und den Schülern schafft Kontakt und weckt Lernfreude.  

Zu bewerten sind...

  • Angemessenheit und Variabilität der Verhaltensweisen,
  • Flexibilität und Spontanität,
  • Selbstbeherrschung, Entschiedenheit und Sicherheit,
  • Klarheit der Arbeitsanweisungen und
  • der Kontakt zur Klasse.


ARBEITSTEMPO UND ZEITPLAN

"Dramaturgie des Unterrichts"
Es muss erkennbar sein, dass ein Zeitplan erstellt wurde, der der Schwierigkeit des Lerngegenstandes und der daraus resultierenden Stoffauswahl entspricht und in natürlichem Arbeitstempo zum planmäßigen Erreichen des Unterrichtszieles führt, aber während der Durchführung Korrekturen zulässt.

Zu bewerten sind...

  • eine ausgewogene Zeiteinteilung und Strukturierung der Unterrichtsstunde,
  • die Reaktion auf unvorhergesehene Schülerbeiträge und nicht erwartetes Schülerverhalten sowie auf technische Pannen,
  • angemessenes Tempo und Tempowechsel und
  • die Berechtigung eventueller Abweichungen vom Lehrprobenentwurf.  

Organisation
Medien sind nach Anzahl und Beschaffenheit fachspezifisch für die jeweilige Jahrgangs­stufe aus­zuwählen, bereitzustellen und an geeigneter Stelle einzusetzen. In entspre­chenden Fächern ist es Aufgabe der Lehrkraft, das erhöhte Unfallrisiko zu reduzieren. Die Ausnutzung aller räumlichen Möglichkeiten erhöht die Intensität des Unterrichts.  

Zu bewerten sind:

  • fachspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten, z. B. anschauliches Erzählen, Beachten von Gefahrenmomenten, bildnerisches Können, Demonstrationsgeschick, Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen, Einsatz von Musikinstrumenten und der Singstimme, Handhabung der Experimente, sportliches Leistungsvermögen, Sprachbeherrschung,
  • Ausnutzung der vorhandenen räumlichen Möglichkeiten,
  • Angemessenheit der Schülergruppierung,
  • Bereitstellung und Handhabung der Arbeitsmaterialien  
     

Erzieherische Kompetenz
Die Gesamtheit und das Ineinandergreifen von Bildung und Erziehung ist ein wichtiges Kriterium für den Unterricht. Eine gute Prüfungslehrprobe soll sich deshalb nicht allein durch inhaltliche Qualitäten auszeichnen.  

Zu bewerten sind...

  • die Übersicht über die Klasse,
  • die Art und Weise der Einflussnahme auf das Schülerverhalten,
  • die Förderung des sozialen Verhaltens und
  • die Umsetzung fächerübergreifender Erziehungsziele (Ebene 1 des Lehrplans).



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